Die Würde des Menschen / Kindes ist unantastbar

Grundgesetz | I. Die Grundrechte (Art. 1 - 19) | Artikel 1 | (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. [...]

»Die Würde des Kindes ist unantastbar« - diesen Satz gibt es nicht.
Was heißt schon »Würde des Kindes«? Und wenn es die Würde eines Kindes wirklich geben sollte, was bedeutet dann »unantastbar«? Diese Gedanken sind für viele Menschen unrealistisch und lebensfremd. In meinem Leben hatten diese Fragen immer einen festen Platz.
Darf ein anderer Mensch die von mir gesetzten emotionalen, physischen und psychischen Grenzen überschreiten?
Darf er so mit mir umgehen? Will ich das? Es ist völlig klar: Ich will das nicht!
Was fällt dem anderen ein, sich so über mich zu erheben?

Die Würde ist eine sehr geheimnisvolle Angelegenheit. Sie wohnt in mir. Sie wohnt in jedem Menschen - ganz egal wie alt er ist.
Sie wohnt in dem zappeligen Jan, wenn er zum hundertsten Mal nicht kippeln soll.
Sie wohnt in der lauten Jule, wenn sie zum hundertsten Mal nicht so schreien soll.
Sie wohnt einfach in den Menschen – und eigentlich geht sie auch nicht weg. Sie wird gezerrt, geschlagen, gebeutelt, missachtet.

Wenn ein Erwachsener gefestigt ist - so gefestigt, dass  ihn scheinbar nichts aus der Bahn des Lebens wirft, dann kann es der Würde egal sein.
»Die Würde ist unantastbar« kann man auch so verstehen, dass, egal was kommt, alles von der Würde abprallt. Die Würde wäre also eine Unzerstörbarkeit. Tatsächlich ist sie jedoch etwas Verletzbares und Verletzliches. Etwas, das gut beschützt sein will - wie ein Kind.


Die Würde ist Teil von uns. Sie ist Identität. Ich bin. Ich bin meine Würde. Niemand kann sie mir nehmen.
Diese Sicherheit spüre ich heute tief in mir - aber nur dort, wo sie gut versteckt ist - im Kern meines Ich.
Kinder die gezwungen sind, sich auf diesen Kern zu besinnen und dorthin zurückzuziehen, schaffen sich häufig ein geheimes Versteck in sich selbst. Niemand kommt an diesen Kern heran. Die Verbindung ist manchmal für eine lange Zeit abgerissen, vielleicht auch manchmal ohne Wiederkehr zerstört.

Für mich ist es deshalb heute besonders wichtig zu vermitteln: »Die Würde des Kindes ist unantastbar.«

Lasst den Kindern ihre Würde – das ist mein Zuruf. Die Kunst. Der Zauber.
Dieser Satz - ja sogar Vorsatz ist nicht verboten. Man kann diesen Satz in seinem Leben, in seinem Nachdenken und sogar in seinem Tun dabei haben ... und die Würde des Kindes ist unangetastet, sie strahlt und fängt uns ein.